Im Regenloch Windhoek
25 02 2012Wir näherten uns jetzt der nächsten Anlaufstation, Sabines ehemaliger Schulleiter Günter aus Tiengen ist jetzt Rektor des Primarschulzweigs der Deutschen Höheren Privatschule Windhoek. Von ihm bekamen wir den Tipp hinter Sossusvlei doch in der Namib Desert Lodge Halt zu machen. Hier ist eine nette Campsite und man kann auch die bekannten versteinerten Dünen besichtgen. Leider hat es dabei angefangen zu regnen, so dass wir die Besichtigung kurz halten mussten.
Auf der Weiterfahrt nach Windhoek wurde es immer grüner – und auch immer nasser. Es gab schon im letzten Jahr dort äußerst ergiebige Regenfälle, dieses Jahr ist es bisher nicht anders. Wir waren auch zeitweilig über 2000 m hoch – Windhoek liegt immerhin auf etwa 1700 m Höhe – und fuhren in prasselnden Regenschauer durch grau-grüne Landschaften. Namibia stellt man sich anders vor, das ist eher Deutschland im November.
Auch unser Auto fühlte sich nicht wohl, neben den ganzen anderen Macken leuchtete jetzt auch noch bedrohlich permanent eine rote Warnlampe auf – dem Symbol nach etwas mit Bremsen, aber wir hatten ja keine Anleitung. Jedenfalls haben wir in Windhoek zuerst einmal die KEA-Vertretung aufgesucht. Sie war natürlich nicht an der Adresse, die uns KEA Südafrika gegeben hatte, sondern sie sind an den Flughafen umgezogen. Zum Glück hatten wir es dort mit Gregor zu tun – er hat sich vorbildlich um alles gekümmert und uns für die Dauer der Reparatur ein Ersatzfahrzeug beschafft. Er ist auch in Deutschland aufgewachsen und hat ein entsprechendes Qualitäts- und Kundenverständnis, endlich mal ein Lichtblick bei KEA. Unser Trax hatte ja den neuen Aufbau, der alte hatte viele Probleme vor allem bei Regen gemacht. Es gibt bisher auch nur zwei von den neuen, nämlich unseren und noch einen, den wir dort auch gesehen hatten: der hatte sich bei Twyfelfontein überschlagen und war etwas platt.
Günter war als Rektor natürlich sehr beschäftigt, aber er hatte sich die Zeit genommen, uns sehr viele Tipps für die weitere Reise zu geben. Endlich konnten wir auch mal wieder ins Internet, um die letzten Buchungen für Madagaskar vorzunehmen. Am nächsten Tag hatten wir eine Innenstadtbesichtigung gemacht. Windhoek ist zwar die Hauptstadt von Namibia, aber nicht wirklich eine Großstadt. Das Zentrum besteht aus einer Mischung aus deutschen Kolonialbauten und modernen Hotel- und Geschäftshäusern und auf einer Fäche von 500 x 500 m kann man alles besichtigen. Hier sind natürlich die Christuskirche und das berühmte Reiterdenkmal, das an den heldenhaften Einsatz der kaiserlichen Schutztruppe bei der grausamen Niederschlagung des Herero-Aufstands von 1904 erinnert. Es spricht für Namibia, dass es nach der Staatsgründung 1994 nicht etwa zerstört, sondern nur verschoben wurde – um dem neuen hässlichen Independence Museum Platz zu machen. Allerdings stehen die ganzen historischen Denkmäler in einer Straße, die nach so einer honorigen Persönlichkeit wie Robert Mugabe umbenannt wurde…
Am Abend gingen wir noch Essen in das urige Restaurant Joey’s – unbeschreiblich und kultig, leider gibt es davon keine Fotos. Am nächsten Morgen bekamen wir unser Auto vollständig repariert zurück. Jetzt mussten wir nur noch einkaufen und die Permits für unser nächstes Ziel, die Blutkuppe, besorgen. Das zog sich weit über eine Stunde hin und war letztlich auch nicht erfolgreich. Es war für uns ein Fall von typisch Afrikanisch – für die Interessierten haben wir dieses Beispiel am Schluss noch näher beschrieben. Wir sind dann mit ziemlicher Verspätung nach Westen gestartet. Anfangs natürlich wieder durch die grüne, nasse Hölle, die sich auch in Mitteleuropa finden lassen könnte.
Wir sahen dort auch wieder einige Tiere, dabei sogar ein echtes Einhorn, von dem man lange Zeit nicht einmal sicher wusste, ob es überhaupt existiert 😉 . Nach etwa 150 km wurde die Landschaft endlich wieder etwas namibischer, so wie es unserer Vorstellung entsprach. Wir bogen in den 4×4 Trail ein – dann eben ohne Permit – und sahen auch bald, warum er nur für Allrad zugelassen war.
Eigentlich wollten wir bis zur Blutkuppe fahren, aber wegen der bürokratischen Verzögerungen hatten wir es nur bis Tinkas geschafft. Das war aber auch ein sehr netter Platz unter einem Granitüberhang. Die meisten Plätze in den Nationalparks sind zwar recht einfach ausgestattet aber sehr schön gelegen und idyllisch. Nach dem Regenloch Windhoek konnten wir noch schön in der Abendsonne die neusten Nachrichten sogar in deutscher Sprache lesen.
Der Reisebericht für diese Etappe ist hiermit fertig. Für diejenigen, die noch Geduld haben weiterzulesen, möchten wir ein Beispiel geben, wie Afrika funktioniert und wie wir es ähnlich auch in Südafrika erlebt haben, sobald man es mit staatlichen Stellen zu tun hat. In anderen afrikanischen Staaten ist es vermutlich noch viel schlimmer, aber es kann vielleicht eine Ahnung vermitteln, warum es in Afrika einfach nicht richtig vorwärts geht. Es fing damit an, dass wir eine Nacht im neuen Dolomite Camp im Etosha-Park buchen wollten. Laut NWR-Webseite (Namibia Wildlife Resorts) darf man nur mit einer bestätigten Buchung durch das Westtor in den Park fahren, ansonsten muss man einen Umweg von gut 150 km machen, wenn man von Westen kommt. Wir haben auch über das webinterface eine Anfrage gestellt, wie wir es machen sollen, weil wir noch nicht genau wissen, ob wir am 5. oder 6. März dort übernachten wollen. Es war immerhin das erste Mal überhaupt im südlichen Afrika, dass wir auch eine Antwort von einer staatlichen Stelle bekommen hatten. Die Antwort sagte, dass das Buchungssystem nicht verfügbar ist, aber wenn wir buchen wollen, können wir anrufen. Allerings kann man telefonisch keine Buchungen vornehmen !?. Um diesen Sachverhalt zu klären sind wir in die NWR-Zentrale nach Windhoek gegangen; wir wollten bei dieser Gelegenheit auch noch eine Übernachtung auf dem Blutkuppe-Campingplatz buchen, für die man ebenfalls ein Permit des NWR braucht, das man in Windhuk, Swakopmund oder Sesriem (Sossusvlei) bekommen kann, sonst nirgends. In der Zentrale waren 6 Damen intensiv mit Handy oder Computerspielen beschäftigt. Von Permits hatten die meisten noch nie etwas gehört, eine Dame, die besser informiert war, empfahl uns zum Tourist office oder zum NWR-Buchungsbüro zu gehen. Nach kurzer Suche haben wir es gefunden. Auch dieses Büro war mit 6 Leuten voll besetzt, die mit Handy oder Schwatzen beschäftigt waren. Wir fragten zuerst wegen des Dolomite Camps, sie meinten, man braucht keine Buchung um durch das Westtor zu fahren. Auf unsere Einwände, was wir gelesen und gehört hatten, meinte sie, dass man wohl doch eine Buchung braucht – sie hätte auch schon einmal so etwas gehört. Sie kann aber sowieso nichts machen, weil das Buchungssystem unten ist. Sie empfahl, es aber immer wieder zu probieren, bis wir eine Antwort bekämen… . Wegen dem Campingplatz bei der Blutkuppe könnte sie uns leider kein Permit ausstellen, weil das Buchungssystem ausgefallen ist. Sie kann auch keine Bescheinigung über den Ausfall des Buchungssystems ausstellen, weil sie dazu nicht befugt ist. Vielleicht können wir aber eine Bescheinigung beim Ministerium für Umwelt und Tourismus erhalten. Dort müssten wir sowieso noch hin, um ein Permit zu erhalten, dass wir die Straße befahren dürfen, die zum Campingplatz führt. Dieses dürfen sie vom NWR nicht ausstellen. Nach längerer Suche haben wir das Ministerium gefunden, das nur einen knappen Kilometer entfernt lag. Die Dame dort sagte, dass sie keine Bescheinigung ausstellen könnte, weil sie mit den Campingplatzbuchungen überhaupt nichts zu tun haben. Sie könnte uns aber den Permit für die Straßenbenutzung zum Campingplatz erstellen. Allerdings geht das auch nicht jetzt, weil sie erst Mittagspause machen muss, wir sollten in einer Stunde wiederkommen. Die Zeit drängte, wir wollten bei Tageslicht noch dort ankommen. Also zurück zum NWR-Buchungsbüro, den ganzen Fall wieder geschildert. Wir fragten sie, was sie uns empfehlen, ob wir den Kontrolleur bestechen sollten? Sie wissen auch nicht, sie können nichts machen. Wir wollten jetzt die Vorgesetzte sprechen, die befugt ist, irgendwelche Bescheinigungen auszustellen. Sie kam auch nach 5 Minuten und empfahl uns, nach Sesriem zu fahren und dort zu buchen. Sie hatte überhaupt keine Vorstellung davon, dass das einen Umweg von 330 km darstellt, außerdem wird der Ausfall des zentralen Buchungssystems auch Sesriem betreffen. Wegen einer Bescheinigung wollte sie nun erst einmal Rücksprache mit ihren Vorgesetzten halten. Als nach weiteren 15 Minuten immer noch nichts passiert ist, sind wir dann ziemlich wütend gegangen, eigentlich wollten wir unsere kostbare Urlaubszeit nicht in irgendwelchen Ämtern oder Ministerien verbringen, wo sowieso nichts passiert. Weil wirklich keine Zeit mehr blieb, wenn wir noch bei Helligkeit ankommen wollten, sind wir eben ohne die Permits losgezogen; wir wurden auch nicht kontrolliert und mussten niemanden bestechen. Wir waren wirklich willens, diese absurden permits zu bezahlen (es ging insgesamt um etwa 18 Euro), wir hätten auch mehr bezahlt, wenn es schneller ginge, aber sie gaben uns keine Chance unser Geld loszuwerden. Tage später hatten wir am NWR-Buchungsbüro in Swakopmund noch einmal wegen dem Dolomite Camp nachgefragt. Auch hier meinten sie, dass eine Vorabbuchung nicht nötig sei, aber gaben uns für den Notfall die direkte Durchwahl zum Camp mit. Wir wissen also noch nicht, ob wir wirklich dort übernachten können, ihr werdet es im blog lesen. — Bitte versteht uns nicht falsch, wir sind nicht über Nacht zu Rassisten geworden und wir wissen, dass in anderen Ländern andere Sitten herrschen. Aber es ist schon recht mühsam, wenn man mit unserem Wertesystem hier ankommt und sich an die zum Teil recht absurden Vorschriften halten will.
Kategorien : Namibia
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